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 Aspekte der Deutung des späteren Werks von Fritz Vahle

mit einer Bildbeigabe: 'Das Blau der Tiefe'

 

 

In diesem kurzen Text möchte ich einige Aspekte nennen, die helfen können, das spätere Werk Fritz Vahles zu verstehen. Dabei werde ich besonders darauf achten, was die Insel - Fehmarn - für ihn und seine Kunst bedeutet hat. Aber auch das Umgekehrte muß bedacht werden: was Fritz Vahle und seine Kunst für Fehmarn bedeutet haben und bedeuten.

Dies alles werden nur Aspekte sein, partielle Hilfen des Verstehens. Erschöpfende Erklärungen sind auf diesem Gebiet nicht möglich. Worauf es ankommt, ist das Sehen, das Selbst-Sehen jedes einzelnen. Worte sind nur eine Einstimmung des Sehenden; sie können, wenn es hoch kommt, den Blick auf bestimmte Elemente dessen lenken, was zu sehen ist, und darauf, wie diese Elemente zusammengehören.

Sechs Aspekte scheinen mir wichtig genug zu sein, um gesondert behandelt zu werden:


1. Der Insulaner

Daß es Fritz Vahle zu einer Insel hingezogen hat, ist nicht zufällig. Er suchte eine gewisse Abgeschiedenheit, Übersichtlichkeit, eine Welt im kleinen als Konkavspiegel der großen. Zugleich ermöglichte ihm diese Situation, sich nach innen zu kehren, sowie liebevoll und genau aufs Detail zu achten, das dadurch in seinen weiten Verflechtungen (historisch und geographisch) erfaßt werden konnte. "Wir leben auf einer Insel. Die Zugvögel wissen das", sagt er selbst in seinem schönen Fehmarn-Buch: "Das Wasser kam den Fischen zuvor" (Krefeld: Scherpe Verlag 1974).

Daß Fehmarn für Fritz Vahle die Insel geworden ist, hat damit zu tun, daß das Besondere dieser Insel, ihr Wesen, ihre herbe Schönheit gewissermaßen verborgen sind. Um sie zu entdecken, bedarf es des genauen Hinsehens, des tiefer eindringenden Blickes. Die Leuchttürme, die die Insel an ihren äußersten Punkten markieren und die zugleich hinausstrahlen aufs Meer, haben ihn besonders fasziniert, aber auch die Steilküsten, die Steine, die Äcker, das Handwerk der Fischer und alles, was das Meer enthält und was es am Ufer anspült.

Er suchte die Insel mit seinen Augen zu sehen, aber auch mit den Augen der Fehmaraner, die hier ständig leben. Das letztere hat zu Bildern geführt, die ebensosehr die Tiefenstruktur der Dinge offenlegen, wie sie realistisch sind: Steine, Gerät-schaften, Teile der Landschaft. Dabei hat er nicht übersehen, daß das Meer (von Menschen) verunreinigt ist, daß es die Bojen und Netze anfrißt, daß die Steilküste jährlich weiter abbricht und daß an den Stränden oft genug Unrat anzutreffen ist.

Fehmarn hat durch diesen forschenden und kritischen Blick nur gewonnen. Was Fritz Vahle gesehen hat, können wir nun alle sehen. Die Insel bietet sich unseren Blicken dar, anders als es vorher möglich war.


2. Der Finder

Es mutet erstaunlich an, daß für Fritz Vahle das Finden vor dem Suchen kam. Er wußte, bevor er losging, um es zu suchen, was er finden wollte, was er finden konnte und was er finden würde. Letztlich gilt das vielleicht für alle Finder und für alles Finden.

Bei Fritz Vahle hat sich dieser Sachverhalt in bestimmten Erfahrungen verdichtet. Er fand Steine, die als solche schon von der Natur geschaffene Kunstwerke waren, er fand uralte Fossilien, Versteinerungen von Tieren, die vor 80.000.000 Jahren gelebt haben, große und kleine - bis hin zu den Minifossilien am Strand zwischen Presen und Katharinenhof. Und er fand Artefakte, steinzeitliche Werkzeuge, die von einer blühenden Kultur auf dieser Insel um 3.000 vor unserer Zeitrechnung Zeugnis ablegen: Steinbeile und Schaber, Speerspitzen und Bohrer, Handschmeichler und Kultsteine, aber auch haarscharfe Schneidewerkzeuge, mit denen schon damals Gehirnoperationen ausgeführt werden konnten. Seinen Blicken offenbarte die Insel einen ungeahnten Reichtum.

Es konnte geschehen, daß er im halbwachen Zustand zwischen Tag und Traum Dinge vor sich sah, die er an diesem Tag finden würde und die er dann auch fand. Hatte er sie halbbewußt vorher schon gesehen? Oder kombinierte er Zusammengehörigkeiten, die sich dann bestätigten? Wo ein halber Schaber beim Tiefpflügen an die Oberfläche gebracht worden war, war er vielleicht von der scharfen Pflugschar zerstört worden und deshalb lag die andere Hälfte auch nicht weit von dieser Stelle?

Immerhin entstand auf diese Weise eine ernom große Steinesammlung, die er ordnete und zu deuten suchte und die er gern den Freunden zeigte und erläuterte.


3. Der Pedant

Die liebevolle und genaue Beobachtung, die Ordnung in seinem Haus, insbesondere in der Steinesammlung, nahmen gelegentlich pedantische Züge an. Die Bleistifte auf seinem Arbeitstisch lagen stets in Reih und Glied. Zwischen den Steinen oder gar darauf war nie ein winziges Stäubchen zu entdecken. Jedesmal wenn man ihn besuchte, vollzog sich dasselbe Ritual: Empfang im Wohnzimmer mit einem Glas Wein oder Cognac, Austauschen von Neuigkeiten über die Familien, Besichtigung der neuen (und der alten) Funde, Hinaufgehen ins Atelier, Betrachten der neuen Arbeiten.

Ich muß gestehen, daß ich stets mit größtem Interesse die neuen Funde und mit größtem Staunen die neuen Arbeiten angeschaut habe. Das Ritual tat mir gut.

Danach kam ohnehin eine Phase der Offenheit. Was tun wir heute? Eine Wanderung, ein Besuch, ein gemeinsames Essen? Die Pedanterie war wie eine äußere Hülle, die Dinge zusammenhält, die ein wenig Sicherheit gibt, die die Fülle der Gesichte einzudämmen vermochte.


4. Der Mystiker

Fritz Vahles Charakter war voll Gegensätzlichkeiten. Der Pedanterie stand ein intensiver Kontakt mit dem Übersinnlichen gegenüber. Eines seiner stärksten Bilder: "Das Blau der Tiefe" zeigt dies am deutlichsten. Beim Durchforschen der Landschaft und des Meeres, der bedeutungsvollen Dinge, die eine unscheinbare Insel birgt, stieg er schließlich herab oder hinauf in eine Dimension, die zugleich absolut dunkel und absolut he11 ist: Das Blau der Tiefe ist die Tiefe des Blau - dieser mystischen Farbe, in der die Unterschiede nicht mehr als solche wahrgenommen werden, weil sie gewissermaßen darin aufgesogen sind.

Solange wir leben, rühren wir allenfalls momentan an diese Dimension. Sie umfängt uns, wie ein manchmal wolkenloser Himmel, wie die Tiefe des Meeres, die auszuloten nicht möglich ist.

Viele, meist ganz alltägiche Beispiele belegen Fritz Vahles Kontakt zum Übersinnlichen: ein Besuch, den er vorausahnte, ein Fund, von dem er vorher wußte, ein Zusammentreffen von Ereignissen, das als ungewöhnlicher Zufall erscheinen konnte: er selbst auf Fehmarn, Inge, seine Frau in Darmstadt, taten oder erfuhren häufig ohne jede Verabredung dieselben Dinge.

In diesem Zusammenhang sind auch die Titel vieler Werke zu erwähnen, die ich poetisch-mystisch nennen möchte. "Anfänglichkeit", "Schmetterlingsahnung", "Wachtumsbewegungen", "Myzelschrift", "Die Stunde schwimmt", "Spannungsfeld", "Sonst nicht sichtbar", "Unruhe der Lichtwege", "Urmoment", "Gedächtnis einer Nacht", "Geprägte Spuren" und "Lichtwind" heißen die Bilder, die er neben dem "Blau der Tiefe" meinem Buch "Versuche anfänglichen Denkens" (Bochum: Germinal Verlag 1985) beigegeben hat.

Das Mystische verstellte Fritz Vahle nicht den Realitätssinn, die Sorge um praktische, auch politische Verhältnisse. In den Fragen der kleinen und der großen Politik, insbesondere wenn es um kulturelle Fragen ging, hatte er einen deutlichen Standpunkt. Das Tagesgeschehen nahm er auf eine äußerst wache Weise wahr, aber doch nur als etwas, das im Vorfeld geschieht, das nicht unmittelbar Eingang in seine Malerei fand.

5. Der Maler

Wie sich der Insulaner, der Finder, der Pedant und der Mysti-
ker jeweils zusammenfanden, wenn ein Bild entstand: ein Objekt
aus gefundenen Materialien, eine Collage aus buntem Papier, Blättern, Gräsern, Seetang und feinen Tuschestrichen oder eine einfache Bleistiftzeichnung - was noch hinzukam zu diesen vier Charakterzügen, ist in Worten nicht auszudrücken.

Jedenfalls sollte ich noch den Poeten und den Humoristen
erwähnen. Fritz Vahles Gedichte und seine Prosa zeigen häufig
großen Tiefsinn und feines Gefühl. Der Tiefsinn ist dabei dem
Humor nahe verwandt. Oft kippen die Texte plötzlich ins Witzige um - wie bei Heinrich Heine oder Christian Morgenstern. Die festen Ordnungen werden aufgelöst, neue Beziehungen entstehen, Verfremdungen, die mit denen bei der Umsetzung ins Bild parallel verlaufen. Da findet sich eine Lehre der Gerüche, viel über Tiere - eine ganze "Zoo-Logik" hat er geschrieben (Darmstadt: Justus von Liebig Verlag 1981), die voller Symbolik steckt. Auffällig ist dabei auch die Zuordnung der Tierlaute zu Farben: Braun=Binnensummen, Türkis=Meisenzirpen, Ocker=Hühnergackern usw. In den "großen Steinen am Strand", Steinen, "die das Meer kennen", glaubte er ein Summen zu hören; so sehr gab er sich den Dingen hin. Zugleich aber steht "über allem die stille Weigerung, etwas anderes als sich selbst zu wollen". Das gilt ebensosehr für die Dinge, wie für den, der sie wahrnimmt.

Wenn man ein wenig weiß, wer am Werk ist, kann man davon vielleicht in den Bildern Spuren entdecken. Mehr nicht, aber das kann schon viel sein: ein Schritt in die richtige Richtung. Indessen, die Grenze dieses Wissens, das Nichtwissen jenseits dieser Grenze, ist fast noch wichtiger. Die schöpferische Intuition selbst läßt sich nicht fassen. Das größere Wunder, auch gegenüber der mystischen Gabe, ist das fertige Werk. Es erlaubt uns, von Fritz Vahle heute und in der Zukunft in der Gegenwartsform zu sprechen. Der Verfallsprozeß der Zeit geht daran vorbei.

Was mich an den Texten auf der Kassette, die Fredrik Vahle im August 1993 gemacht hat, am meisten berührt, ist ein Zitat, aus dem hervorgeht, daß Fritz diese zeitlose Zeit in seinem zeitlichen Leben bereits erfahren hat: "Ich sah mich von weither kommen; ich sah mich auf meinen Standort zuschreiten und fühlte, wie ich durch mich hindurchging; als ich mich umschaute, sah ich mich davongehen."

Mit den Versuchen, sein Werk zu deuten, Aspekte daraus in uns weiterwirken zu lassen, schauen wir ihm nach.


6. Von der Liebe zu Steinen

Steine sind nur scheinbar stumm. Die Bilder des zerstörten Berlin von 1945, und von vielen anderen Orten, unter denen Rotterdam besonders erwähnt werden soll, das schon 1940 in Trümmer fiel, wirken wie eine monumentale Veranschaulichung des apokalyptischen Wortes aus Lukas 19, Vers 40:

"Wenn diese (die Jünger Jesu) schweigen, dann werden die Steine schreien."

Man wird dankbar sein müssen, daß die Steine auf ihre Weise Zeugnis zu geben wissen von etwas, für das Worte unzureichend sind. Allein schon darum verdienen sie unsere Liebe.

Aber auch die Steine am Weg liegen dort nicht beziehungslos. Sie markieren das Verletztsein der Erde durch den Weg. Denn jeder Weg ist eine 'via dolorosa'. Die Erde könnte dort anderes hervorbringen: Pflanzen, Kleinstlebewesen, Bäume, Tiere, Steine, die nicht zur Seite geschoben oder angehäuft worden sind. Durch den Weg ist dies alles vernichtet, aber zugleich auch etwas ermöglicht worden, ein neuer Sinn der Landschaft, ein neues, wenn auch äußerst verarmtes Biotop.

"Woraus aber die Dinge ihre Entstehung haben, dahinein finde auch ihr Untergang statt, gemäß der Schuldigkeit. Denn sie leisteten einander Sühne und Buße für ihre Ungerechtigkeit, gemäß der Ordnung der Zeit."

So lautet der einzige direkt überlieferte Spruch des griechischen Philosophen Anaximander (611-546 v.Chr.).

Steine haben einen besonderen Bezug zur Zeit. Das erweist sich schon dadurch, daß sie die apokalyptische Zeit anzeigen können. Und auch die scheinbar stummen Zeugen am Wegrand sagen etwas darüber, daß Kultivierung der Erde durch den Menschen seit ihren Anfängen auch Zerstörung ist, ein unvermeidliches Schuldig-werden.

Dies alles gibt der Steinzeit ein besonderes kulturgeschichtliches Gewicht. Die Werkzeuge und Kultgegenstände aus dieser Periode der Menscheitsgeschichte erzählen mehr und vor allem offener, weniger verdeckt durch die Absicht des Beherrschenwollens, über diese Zeit als viele schriftliche Dokumente über spätere Perioden. Sie geben die Entwicklung vom Faustkeil bis zu schlanken, ihren Zweck optimal erfüllenden Speerspitzen oder haarscharfen Schneidewerkzeugen ebenso deutlich zu erkennen wie die Tatsache, daß zu allen Zeiten dieser Geschichte das Nützliche und Begreifliche vom Schönen und Numinosen umgeben ist. Hierfür kann man neben zahlreichen Einzelfunden an die vorgeschichtlichen Hünengräber auf Fehmarn und in Drenthe oder an die Kultplätze der Kelten in Südengland und in der Bretagne erinnern.

Freilich reichen die Erzählungen der Steine für den, der darauf zu hören versteht, viel weiter zurück, als unsere Geschichtsbücher oder die gängigen geschichtsphilosophischen Reflexionen uns glauben machen wollen. Versteinerte Seeigel, Brachiopoden oder Kephalopoden berichten über sehr altes tierisches Leben auf der Erde, dem eine lange Vorgeschichte pflanzlicher Gattungen vorausliegt. Wenn wir noch weiter zurückgehen und statt von Millionen von vielen Milliarden Jahren bzw. Lichtjahren (der Recheneinheit unseres Sonnensystems) sprechen, lassen sich die erdgeschichtlichen Zeitalter nur noch durch die Steinsorten beschreiben, die sie geprägt haben, ohne daß es irgendwo das Urgestein gäbe, das nicht nur für uns, für das wissenschaftliche Umgehen mit Steinen, sondern an sich, durch die Steine selbst, einen bestimmungslosen Ursprung anzeigen würde.

Wenn es wahr ist, daß wir in unserer Zeit, unüberhörbarer als je zuvor, das Schreien der Steine vernehmen, gilt doch auch hier, daß Apokalyptik und Hoffnung zwei Seiten derselben Medaille sind. Das führt bei Paul Celan zu einer Forderung an die Steine, die von sich aus in der Zerstörung und in dem, was Wiederaufbau heißen soll, den Sinnaspekt nicht mehr auszudrücken scheinen:

"Es ist Zeit,
daß der Stein sich zu blühen bequemt,
daß der Unrast ein Herz schlägt."

Damit ist eine Anstrengung der Künstler gefordert, so ins Wesen der Steine und ins Wesen der Zeit einzudringen, daß sie einem beruhigten Blick dennoch - paradoxerweise - ihre Schönheit offenbaren. Dieser Forderung hat sich Fritz Vahle beispielhaft gestellt: mit allem, was seine Liebe zu Steinen hervorgebracht hat.


7. Von den Materialien im Werk Fritz Vahles

Die enorme, ständig wachsende Sammlung von Artefakten aus der Jungsteinzeit und von Fossilien aus frühen erdgeschichtlichen Perioden, die Fritz Vahle in der 'Fastenkate', seinem Haus in Westermarkelsdorf auf Fehmarn, angelegt hatte, hat mich bei meinen Besuchen stets in Erstaunen versetzt. Die Sorgfalt und Genauigkeit, mit der alles aufgebaut war, verriet etwas von seiner Liebe zu den Steinen und vermittelte dem Besucher viele lehrreiche Eindrücke. Er wollte, daß die Sammlung auf der Insel Fehmarn bleibt, weil er das meiste dort gefunden hat.

Das Leben der Jungsteinzeit auf Fehmarn gewann ein wenig Gestalt, wenn man die Steinbeile, Schaber, Mahlsteine oder Stechwerkzeuge betrachtete. Besondere Bedeutung kommt dem 7-Muldenstein zu, den Fritz Vahle rechts neben der 'Fastenkate' aufgestellt hatte. Er diente vor etwa 3000 Jahren offensichtlich kultischen Zwecken und ließ etwas von der haptischen Kultur der Jungsteinzeit erkennen, die auch in den 'Handschmeichlern' ihren Ausdruck fand, die in der 'Fastenkate' in einer kleinen Schale auf dem Tisch standen.

Das Material der Steine hat Fritz Vahle künstlerisch auf subtile Weise erforscht. Es gibt Bleistiftzeichnungen, die Form, Struktur und Materialität von Steinen sehr genau und mit großer Plastizität wiedergeben. Aber auch auf den Zeichnungen der Steilküste bei Staberhuk oder anderen Landschaften Fehmarns sind die Steine wichtige und präzise ausgearbeitete Bildelemente.

Für die zahlreichen Objekte, die auf Fehmarn entstanden sind, werden andere Materialien der Insel verwendet: alte Stücke Holz oder Eisen, Fischernetze, Knochenfunde und dergleichen. Es sind Materialien, die die Spuren des Klimas der Insel und der Zeit, die sie im Freien gelegen haben, deutlich erkennen lassen. Sie werden auf spielerische Weise und mit ästhetischem Feingefühl in neue Zusammenhänge gebracht. Die Familie 'Wurzelmann', eine Serie größerer und kleinerer Baumwurzeln, die Fritz mit großer Anstrengung aus einem See gezogen und in seinem Garten aufgestellt hatte, bezeugte auch den Humor des Künstlers.

Die zahlreichen farbigen Collagen, in denen auch gezeichnete Bildelemente vorkommen, bilden die Hauptmasse der künstlerischen Produktion Fritz Vahles auf Fehmarn. In ihnen wird mit farbigem Papier, aber auch mit vielen natürlichen Materialien der Insel gearbeitet: Seetang, Gräser und verschiedene pflanzliche und tierische Bestandteile, die sorgfältig konserviert wurden. Diese Arbeiten zeigen die ungeheure Sensibilität Fritz Vahles, den feinen Sinn für die kompositorische Zusammenstellung von Farbe und Form. Sie sind aus einer anhaltenden und tiefgehenden Verbindung mit der Natur dieser Insel hervorgegangen.

Von hier aus läßt sich vielleicht in der weiteren Rückschau etwas zu den früheren Materialbildern Fritz Vahles sagen. Eisen und andere Metalle, viele kleine Rädchen oder Drahtverbindungen sind entfunktionalisiert. Es ist nicht mehr wichtig, welche Funktion sie in einer Maschine oder einem Gebrauchsgegenstand hatten. Sie sind in ihre Elemente zerlegt und neu zusammengesetzt. Damit werden diese Materialien in ein freieres Spiel des Umgangs mit ihnen überführt. Auf diese Weise gewinnen sie neue Ausdrucksqualitäten. Dies kann als ein Beitrag zur Vermenschlichung der harten technischen Bedingungen unserer Welt gewertet werden. Es verweist auf eine lebendigere Beziehung zu den Dingen, die in der Periode der Arbeiten auf Fehmarn zu der erwähnten intensiven, aber ganz unsentimentalen Naturverbundenheit geführt hat.
Heinz Kimmerle, Zoetermeer im Juni 2001

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