Venda: „Land der Legenden“
Kunst und Kultur einer Region im Norden von Südafrika
Zwei Ausstellungen in Amsterdam und in Zoetermeer:
Vom August bis zum Oktober 2005 fand im Südafrika-Haus auf der Herengracht
in Amsterdam eine Ausstellung von Holzschnitzarbeiten aus Venda statt. Im Venda-Gebiet
sind mehr als 40 Kunstwerke von 13 Künstlern gesammelt worden, unter denen
sich folgende Namen befinden: Richard Mangoma, Owen Ndou, Albert Munyai, Aswinpheli
Magoro, Jackson Hlungwani, Avashoni Munganye und die namhafte Noria Mabasa.
Die Malerin Friederike Kimmerle, die in Zoetermeer und auf der spanischen Insel
La Palma wohnt und arbeitet, ist damit beschäftigt, in ihren Bildern einen
Dialog mit der Venda-Kunst zu führen. Einige ihrer Gemälde aus diesem
Arbeitsgebiet wurden ausgestellt.
Die Ausstellung wurde ergänzt durch eine Sammlung kunsthandwerklicher Stücke
aus dem südlichen Afrika. Dies geschah, um der Tatsache Rechnung zu tragen,
dass in Afrika Kunst und Kunsthandwerk (Arts and Craft) häufig zusammen
angeboten werden.
In der letzten Woche der Ausstelung wurden von einem der Venda-Künstler,
Avashoni Mainganye, Demostrationen des Herstellens von Kunstwerken und auch
des Unterrichts an Kunststudenten im Stil des Landes gegeben.
‚Duze Nomshikashika. Ein Chor im südafrikanischen Stil’ ist
bei der Abschlussveranstaltung in Amsterdam aufgetreten.
Vom Ende Oktober bis zum Dezember 2005 wurde diese Ausstellung
mit einigen ergänzenden Stücken im Städtischen Museum auf der
Dorfstraße in Zoetermeer zu gezeigt.
Die Demonstrationen von Avashoni Mainganye und das Auftreten des Chors ‚Duze
Nomshikashika’ fanden in Zoetermeer während der ersten Woche bzw.
bei der Eröffnung der Ausstellung statt.
In Verbindung mit der Venda-Ausstellung wurde am 4. Dezember 2005 im Städtischen
Museum Zoetermeer ein besonderer Afrika-Tag organisiert.
Kurze Information über das Venda-Gebiet in Südafrika:
Venda ist ein Gebiet im Norden der Republik Südafrika. Es gehört zur
Limpopo-Provinz und erstreckt sich fast bis an die Grenze von Zimbabwe. Die
östliche Begrenzung bildet der nördliche Teil des Krüger Nationalparks
mit seinem eindrucksvollen ‚Wildlife’. Die äußerst reizvolle
Landschaft von Venda wird geprägt durch das Zoutpans-Gebirge, das in west-östlicher
Richtung mitten durch dieses Gebiet verläuft. Südlich dieses Gebirgszuges
gibt es während der zwei Regenzeiten genügend Niederschlag für
eine reiche Vegetation und landwirtschaftliche Nutzung: Bananen-, Mango- und
Avocado-Plantagen, Tee-Plantagen sowie Viehhaltung und Anbau von Getreide und
Gemüse. Nördlich des Zoutpans-Gebirges ist es sehr trocken; die Vegetation
ist karg und die Menschen haben große Mühe, sich durch die Haltung
von Ziegen und kleine Gartenbewirtschaftung entlang der Flüsse im Leben
zu erhalten. In der Nähe einiger heißer Quellen gibt kleinere touristische
Zentren.
Die Menschen von Venda, die VhaVenda, sind vor vielen Generationen von Norden
aus in das heutige Wohngebiet eingewandert und können die Geschichte ihrer
Wanderungsbewegungen zurückvervolgen bis in die Zeit, als sie das Gebiet
der großen Seen (Malawi-, Tanganjika-, Viktoriasee) in südlicher
Richtung verlassen haben. In jüngerer Zeit haben sich die VhaVenda in ihrem
heutigen Wohngebiet lange und erfolgreich gegen die von Süden her vordringenden
Buren zur Wehr gesetzt. Während der Apartheids-Zeit war Venda ein sogenanntes
Homeland und hatte innerhalb von Südafrika den Status einer eigenen Republik
mit Thohoyandou als Hauptstadt. Die arbeitsfähigen Männer waren oft
längere Zeit abwesend, um in den Minen um Johannesburg und der zugehörigen
Industrie unter sehr unwürdigen Bedingungen zu arbeiten.
Ein relativ großer Teil der Bevölkerung hat den christlichen Glauben
angenommen. Es handelt sich neben den Kirchen, die von europäischen Missionaren
gegründet worden sind, weitgehend um charismatisch geprägte Gemeinden,
die zur ‚Pfingstbewegung’ gehören oder dieser ähnlich
sind. Aber auch die traditionellen afrikanischen Religionen sind noch sehr lebendig
und haben sich häufig mit christlichen Glaubensinhalten vermischt. „Venda-Magie
ist sehr mächtig“, sagen die VhaVenda häufig. Der Funduzi-See,
in dem viele Menschen nach ihrem Tod als Fische leben sollen, und der nahegelegene
Wald, in dem die Leiter und die mächtigen Könige der VhaVenda begraben
sind, sind für alle Bewohner dieses Gebiets heilige Stätten. Fische
und Schlangen spielen in der religiösen Vorstellungswelt der VhaVenda eine
wichtige Rolle. Der Gemeinschaftssinn ist sehr ausgeprägt und gesteht den
männlichen Leitern der Familien, Clans und Dörfer und vor allem den
Königen weitgehende Machtbefugnisse zu. Das bedeutet freilich nicht, dass
die Frauen, die das Familienleben und die Familienökonomie gestalten, in
ihrem Auftreten nicht auch durchaus selbstbewusst sind.
Religiöse und mythologische Vorstellungen, wie etwa Jonas im Bauch eines
Fisches, Fische mit einem Schlangenkopf, böse und gute Geister, Szenen
gemeinschaftlicher Zusammengehörigkeit, aber auch sozialkritische Absichten
wie Arbeiter unter unwürdigen Verhältnissen, zu Unrecht Gefangene
oder ganz einfach schöne Frauen bilden beliebte Motive der Holzschnitzkunst.
Die vorgefundene Form der Baumstämme und Äste bleibt in vielen Kunstwerken
gut erkennbar. Neben den ausdrucksstarken Formen ist auch die Struktur des Holzes,
besonders des häufig verwendeten zweifarbigen Holzes für die zahlreichen
kleinen, größeren und teilweise sogar monumentalen Holzplastiken
sehr charakteristisch. Außerdem werden sehr schöne Gebrauchsgegenstände
aus Holz und Keramik hergestellt. Und es gibt einige Zentren der Webekunst,
wo Stoffe und Kleider mit deutlich afrikanischen, aber doch auch sehr besonderen
Motiven und Farben der VhaVenda gemacht werden.
Die Philosophie der VhaVenda ist noch wenig erforscht. Es gibt einige Studien
von Professoren und Dozenten der Universität von Venda zur Philosophie
in Sprichwörtern und zum Erzählgut. Das letztere hat eine interessante
Pointe in den ‚Ngani’. Dies sind Geschichten, die Frauen anderen
Frauen erzählen und die den äsopischen Tierfabeln ähneln. Allerdings
treten bei den VhaVenda auch Menschen darin auf. Recht oft drücken sie
eine versteckte Kritik an den gesellschaftlichen Formen aus, besonders an der
Dominanz der Männer. Die Philosophie in Sprichwörtern kann an folgenden
Beispielen verdeutlicht werden. Viel gebraucht und sehr charakteristisch ist
das Beispiel: „Der Mensch ist wie ein Elephant; er isst viele Bäume.“
Zum einen wird darin die Angewiesenheit des Menschen auf eine große Menge
und Verschiedenheit an Nahrungsmitteln gesehen, dann aber auch eine Anspielung
auf die vielen sexuellen Partner, die VhaVenda-Männer häufig haben,
und schließlich in einem allgemeinen und sogar universalen Sinn ein Hinweis
auf die Kraft des Menschen, die in seiner Klugheit liegt und in der Fähigkeit,
aus vielen Möglichkeiten wählen zu können und zu müssen.
Eine tiefe philosophische Weisheit liegt auch in dem Venda-Sprichwort: „Der
Mund ist lauter als die große Trommel“ und seiner vielschichtigen
Deutung. Hier ist in anschaulicher und konzentrierter Weise zum Ausdruck gebracht,
dass die menschliche Sprache ‚vom Mund zum Ohr’ den weithin hörbaren
Botschaften der Trommel überlegen ist, weil sie intimere und differenziertere
Kommunikation möglich macht. Der Mund ist aber auch deshalb mächtiger
als die große Trommel, weil die Menschen nicht nur Sprache haben, um Botschaften
zu übermitteln, sondern in wesentlicher Hinsicht Sprache sind, indem sie
mit einander sprechen und auf einander hören können.
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